Eine Futtermittelallergie ist eine immunologisch-allergische Reaktion auf ein bestimmtes Protein in der Ernährung. Daneben werden auch Intoleranzen auf Futtermittel beobachtet, die klinisch den allergischen Reaktionen ähneln, aber ohne Beteiligung des Immunsystems ablaufen.

Eine Umweltallergie bzw. canine atopische Dermatitis ist eine immunologisch-allergische Reaktion auf Umweltallergene, wie z.B. Pollen von Bäumen, Gräsern und Kräutern, Hausstaub- und Vorratsmilben sowie Schimmelpilzsporen. Dabei sind hohe IgE-Antikörper – Spiegel messbar.

Vorkommen:

Die Häufigkeit von Allergien beim Hund steigt kontinuierlich an und liegt bei Hunden westlicher Länder bei 10–15 %. Davon verteilen sich ca. 70 % auf Umweltallergien, ca. 15 – 30 % auf Futtermittelallergien.

Je nach der Ursache der Allergie sind die Symptome anfänglich nur im Frühjahr (Bäume), Sommer (Gräser) oder ganzjährig ein Problem (Staubmilben). Oft wird die Erkrankung jedes Jahr schlimmer und die Problemdauer länger, die meisten Hunde sind nach einigen Jahren ganzjährig betroffen.

Rassendisposition: 

Terrier, Retriever, Deutscher Schäferhund, Dalmatiner, Boxer, Mops, Magyar Vizsla, Shih-Tzu,  und Lhasa Apso.

Symptome:

Das wichtigste Symptom ist der Juckreiz, der ganzjährig oder saisonal auftritt. Die betroffenen Tiere kratzen sich vermehrt hinter den Ohren, unter den Achselhöhlen und am Bauch. Sie lecken und beißen sich die Pfoten, reiben sich verstärkt die Schnauze und Gesicht und scheuern sich am Po und After. In ca. 20 % der Fälle kommt es zu wiederkehrenden Ohrenentzündungen und um das Auge herum zeigen sich häufig Rötungen und bzw. oder Fellverlust.

In vielen Fällen ist die Haut an den betroffenen Stellen gerötet (Erythem) und hat Pusteln, der Juckreiz kann aber auch völlig ohne weitere Hautveränderungen auftreten. Bei den Futtermittelallergikern tritt häufig auch Durchfall als weiteres Symptom auf.

Wird der Juckreiz immer stärker, kratzen sich die Tiere die Haut auf und es kommt sekundär zu Verletzungen und Infektionen der Haut, verursacht durch Hefepilze und Bakterien. Dadurch verstärken sich die Symptome und es können Haarlosigkeit (Alopezie), schuppiges Fell, strenger Geruch, Pusteln oder Krusten, Hyperpigmentation, Leckgranulome, Hot Spots und verstärktes Schwitzen auftreten.

Die typischen Verteilungsmuster der allergischen Dermatitis des Hundes sind Gesicht, Augen, Ohren, Pfoten, Achsel, Leiste, ventral am Hals und ventral des Schwanzansatzes. Wenn Hautläsionen an den Beuge- und Streckseiten der Fußgelenke sowie an den dorsalen Zehenrücken  auftreten, gilt dies als charakteristisch für eine allergische Dermatitis.

Diagnose:

Die Diagnose „Atopische Dermatitis“ wird anhand der typischen Symptome und des Ausschlusses anderer juckender Erkrankungen gestellt.

Dazu gehört die mikroskopische Untersuchung der Hautveränderungen, um Parasitosen, wie beispielsweise Milbenbefall (Sarcoptes-Räude, Demodikose) sowie eine Malasseziendermatitis oder Pyodermie auszuschließen.

Flohbiss- und Futtermittelallergien können nur durch geeignete diagnostische Therapien abgeklärt werden, wie beispielsweise durch einen zuverlässigen Flohschutz oder eine sog. Eliminationsdiät. Letztere haben wir gesondert in einem weiteren Merkblatt beschrieben.

Es ist wichtig zu wissen, dass mit keinem Allergietest die Diagnose „Atopische Dermatitis“ gestellt werden kann, da auch gesunde Hunde oder Hunde mit anderen Erkrankungen erhöhte allergenspezifische IgE-Spiegel aufweisen. Wenn man einen Allergietest durchführt, dann nur mit dem Ziel, eine spezifische Behandlung in Form einer Desensibilisierung einzuleiten.

Therapie:

Weder die canine atopische Dermatitis noch die Futtermittelallergien sind heilbar, können aber mit geeigneten Methoden mehr oder weniger gut kontrolliert werden.

Die Behandlung einer Futtermittelallergie besteht in der Vermeidung des auslösenden Allergens, und zwar meist eines oder mehrerer tierischer Proteine, die die Symptome verursachen. In der Regel lassen sich hypoallergene Diäten finden, die entweder selbstgekocht werden oder aus dem Tierfutterhandel stammen. Generell sprechen Futtermittelallergiker schlechter auf Medikamente an als Umweltallergiker.

Die einzige Therapie, mit der die Ursache der caninen atopischen Dermatitis behandelt werden kann, ist die allergenspezifische Immunotherapie. Dafür wird dem Patienten Blut abgenommen, um die IgE Antikörpertiter gegen Umweltallergene und Futtermittel zu bestimmen. Basierend auf diesem Ergebnis wird eine auf den Patienten abgestimmte Allergenmenge in steigenden Dosen und Konzentrationen injiziert. Nach der Einleitungsphase wird die Erhaltungstherapie erreicht, welche meist monatlich verabreicht wird und  jahrelang, oft auch zeitlebens fortgeführt werden muss. Die Vorteile dieser Therapie ist das Verhindern weiterer Allergien, bei gutem Ansprechen eine langfristige Remission und kein Risiko von Langzeitnebenwirkungen.

Spätestens 1 Jahr nach Therapiebeginn kann abgeschätzt werden, ob die Immunisierung erfolgreich ist. Die langfristige Erfolgsrate liegt bei ca. 60–70 %. Bei 20 % der Patienten tritt nur eine geringfügige Verbesserung ein und bei weiteren 20 % hat die Behandlung keinerlei Effekt auf die Erkrankung.

Allgemeines Management: 

Unabhängig davon, ob die Immuntherapie anschlägt, gehören zum Management der atopischen Dermatitis viele weitere Maßnahmen.

Es gilt das sogenannte Schwellenwertprinzip. Dabei werden verschiedene Therapien kombiniert, um den Juckreiz unter der individuellen Schwelle zu halten, bei der es zum Juckreiz kommt.

Die Floh- und Insektenprophylaxe ist ein absolutes Muss. Denn selbst wenn keine Flöhe oder Insekten (wie Ameisen oder Mücken) auf dem Tier zu finden sind, kann ein einzelner Biss oder Stich die Dermatitis verschlimmern.

Außerdem wird eine allgemeine Allergenreduzierung durch Pollen u.a. empfohlen. Das kann durch Abduschen erreicht werden,  nachdem der Hund vom Spaziergang zurück in die Wohnung kommt. Praktikabel sind dabei auch mit kaltem Wasser getränkte Waschlappen oder Feuchttücher, um die Allergene von der Haut zu entfernen. Neuerdings werden auch für unsere Haustiere Sprays angeboten, die ursprünglich in der Humanmedizin Anwendung fanden und die die Anzahl der Hausstaubmilben im Innenraum reduzieren.

Häufiges Shampoonieren des Allergikers mit medizinischen Shampoos bis zu mehrfach wöchentlich ist ebenfalls eine wichtige Maßnahme. Damit werden Hautbakterien und Malassezien reduziert, die sich häufig auf der Haut befinden und ebenfalls Juckreiz auslösen können.

Ohrentzündungen sollte regelmäßig durch Reinigung der Ohren vorgebeugt werden. Liegt bereits eine Otitis vor, muss diese konsequent behandelt werden. Rezidive sind häufig. Siehe auch unter Otitis in unserem Blog.

Spezifische Medikation: 

Falls diese allgemeinen Maßnahmen gegen den Pruritus nicht ausreichen, empfehlen wir den Einsatz entzündungshemmender und juckreizstillender Medikamente:

  • Kortison, z.B. Prednisolon, das in einer Anfangsdosis von 1 mg/kg/d, später 0,5 mg/ kg alle 2 Tage in Tablettenform verabreicht werden kann. Eine weitere Dosisreduzierung wird angestrebt, wenn eine lebenslange Therapie notwendig ist. Sie sollte entsprechend der klinischen Symptome angepasst werden.
  • Cicolosporine (Atopica oder Sporimmune), die meist als Weichkapseln oder in flüssiger Form zum Eingeben erhältlich sind. Die Dosierung beträgt 5 mg/ kg und wird anfangs täglich verabreicht. Bei Besserung der Symptome können die Ciclosporine in einer  Erhaltungsdosis alle 2, teils sogar nur alle 3 – 4 Tage verabreicht werden.  Die Behandlungsfrequenz sollte entsprechend der klinischen Bewertung festgelegt werden.
  • Januskinase-Inhibitoren, wie beispielsweise Apoquel. Die empfohlene Initial-Dosierung beträgt 0,4 bis 0,6 mg Oclacitinib / kg Körpergewicht zur oralen Gabe, zweimal täglich für bis zu 14 Tage. Für die Erhaltungs-Therapie sollte die gleiche Dosierung (0,4 bis 0,6 mg Oclacitinib / kg Körpergewicht) dann nur noch einmal am Tag verabreicht werden. Eine langfristige Erhaltungstherapie, falls erforderlich, sollte auf einer individuellen Nutzen-Risiko-Abwägung basieren. Diese Tabletten können mit oder ohne Futter verabreicht werden.
  • Lokivetmab ist im Gegensatz zu den anderen Medikamenten eine Injektionslösung und ist bekannt unter dem Handelsnamen Cytopoint. Dabei handelt es sich um caninisierte monoklonale Antikörper, die in einer empfohlenen Mindestdosis 1 mg/kg Körpergewicht einmal monatlich injiziert werden.  Die Notwendigkeit einer wiederholten oder längerfristigen Behandlung bei Hunden mit allergischer Dermatitis sollte an den Bedarf des einzelnen Patienten angepasst werden. Falls nach der 2. Injektion keine Besserung eintritt, sollte ein anderes Präparat eingesetzt werden.
  • Antihistaminika helfen nur bedingt bei ca. 20 % der atopischen Patienten, so dass sie eine untergeordnete Rolle einnehmen. Die unterschiedlichen, in der Humanmedizin gängigen Medikamente können durchaus ausprobiert werden. Die Dosierungen sind wie folgt:
  • Dichlorpheniramin  0,2–0,4 mg/kg 2 ×/d,
  • Diphenhydramin 2–4 mg/kg 2–3 ×/d
  • Hydroxyzin 2(–6) mg/kg 3 ×/d
  • Cetirizin (0,5–)1 mg/kg 1 ×/d
  • Loratadin 0,5–1 mg/kg 1 ×/d
  • Antibiotika müssen für einen mehrwöchigen Zeitraum verabreicht werden, wenn eine bakterielle Infektion der Haut vorliegt. Je nach individuellem Fall werden Cefalexin, Amoxicillin/Clavulansäure bzw. Fluorchinolone (Enrofloxacin)u.a. eingesetzt. Bei letztgenanntem Präparat wäre ein bakterielle Untersuchung der Haut inklusive Antibiogramm erforderlich.

Häufig muss die Therapie individuell abgestimmt werden und evtl. aus mehreren Präparaten kombiniert werden.  Langfristig wird eine Medikation angestrebt, die wenig Nebenwirkungen hat. Daher versuchen wir, den Einsatz von Kortison zu vermeiden bzw. wenn es unverzichtbar in der Therapie ist, in der niedrigsten Dosis oder nur über einen kurzen Zeitraum einzusetzen. Alles, was einen Kortison-sparenden Effekt hat, wird bevorzugt angewendet.

Wir unterstützen Sie gerne bei der Wahl einer auf Ihren Hund maßgeschneiderten Therapie. Aus Liebe zu Mensch und Tier.

16.07.2021

Weitere interessante Artikel und Ratschläge

Ohren­erkrankungen – Otitis externa

Ohrenentzündungen kommen beim Hund sehr häufig vor. In den meisten Fällen handelt es sich um die sogenannte Otitis ...

mehr lesen

Zahn­sanierung bei der Katze

Eine der häufigsten Eingriffe in unserer Praxis sind Zahnbehandlungen bei der Katze. Denn Zahnerkrankungen, Zahnfleischentzündungen und FORL (Feline ...

mehr lesen